Qualitätsmarke und starker Faktor in der Region: das GESOLA Ärztenetz

medintern: Was gab den Anstoß zur GESO-LA-Gründung?

Manfred Spann: Die Initiative entstand 2005 aus der Erkenntnis heraus, dass eine regionale Positionierung der niedergelassenen Ärzte erforderlich sei, um unerwünschten Entwicklungen im Gesundheitssystem entgegenzutreten. Zum einen gab es damals Bestrebungen des Gesetzgebers, die Kassenärztlichen Vereinigungen zu schwächen und die Kassen zu stärken. Zum Beispiel wurde diskutiert, ob die Fachärzte außerhalb des KV-Systems direkt Verträge mit den Kassen abschließen sollten. Ohne das Bollwerk KV aber wäre, so befürchtete man, der einzelne Arzt den Kassen schutzlos ausgeliefert. Deshalb entschloss man sich, eine homogene Gruppe von Haus- und Fachärzten entgegenzusetzen, um für den Abschluss von Verträgen mit den Kassen besser aufgestellt zu sein.
Ein zweiter Anlass für die Gründung war die damalige Absicht des Klinikums Landsberg, über ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in die ambulante Versorgung einzusteigen. Hier galt es, das Prinzip der Freiberuflichkeit, ein hohes Gut für die niedergelassenen Ärzte, zu verteidigen. Dafür brauchen sie Rückhalt in der Bevölkerung und müssen überzeugend darstellen, dass die Patienten bei ihnen bestens aufgehoben sind. Zu den satzungsmäßigen Zielen der GESOLA gehört es daher auch, eine flächendeckende, vielfältige und kompetente ambulante Patientenversorgung zu sichern – und sich zweitens durch konsequente Öffentlichkeitsarbeit als regionaler Faktor zu positionieren, sprich: als Qualitätsmarke für niedergelassene Ärzte zu profilieren.

medintern: Wie weit hat GESOLA die mit der Gründung angestrebten Ziele inzwischen erreicht?

Manfred Spann: Da sich die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen laufend ändern, ist vorerst die Notwendigkeit entfallen, ein neues Gegengewicht für Vertragsverhandlungen mit den Kassen zu schaffen – wir müssen aber dennoch wachsam sein. Wir konnten uns dann auf die Realisierung unserer regionalen Ziele Patientenversorgung und ärztliche Qualitätsmarke konzentrieren und auf beiden Feldern sichtbare Erfolge erzielen.

medintern: Was heißt das im Hinblick auf die Behandlung der Patienten?

Manfred Spann: Als ersten Meilenstein haben wir im Verbund eine besser abgestimmte ambulante Versorgung erreicht. Unsere Netzwerkgruppe Kommunikationsregeln hat dazu Standards für die Befundübermittlung und die Koordination der erforderlichen Untersuchungen erarbeitet. Zentrales Element ist die mobile Patientenmappe, vor allem für chronische Erkrankungen. In die Mappe werden alle aktuellen Befunde eingelegt – grundsätzlich auch die vom Krankenhaus. Der Patient nimmt die Handakte mit, wenn er einen behandelnden Arzt oder eine Klinik aufsucht. Damit ist ohne großen Zusatzaufwand ein schneller Informationsfluss gewährleistet. Und der Patient bleibt – anders als bei der elektronischen Gesundheitskarte – Herr seiner Daten.
Ein zweites Element ist der rasche Zugang zu einer fachärztlichen Zweitmeinung. Wenn sich der Hausarzt zum Beispiel nicht sicher ist, ob ein Patient ins Krankenhaus eingewiesen werden soll oder eine ambulante Behandlung genügt, kann er den Facharzt anrufen, um mit ihm kurzfristig einen Untersuchungstermin für den Patienten zu vereinbaren. Dadurch tragen wir dazu bei, eine teure Überversorgung zu vermeiden.

medintern: Was hat GESOLA unternommen, um die Zusammenarbeit zwischen ambulanter und stationärer Versorgung – Stichwort Klinikum – zu verbessern?

Manfred Spann: Die Netzwerkgruppe Klinikdialog trifft sich regelmäßig mit der Leitung des Klinikums, um aufgetauchte Probleme zu besprechen, gemeinsame Lösungen zu finden und zu erfahren, was das Krankenhaus plant. Daraus hat sich eine sehr konstruktive Zusammenarbeit entwickelt.

Herausragender Beweis dafür ist die GESOLA-Bereitschaftspraxis, die von den GESOLA-Ärzten initiiert wurde und im Oktober 2009 in einem Gebäude des Klinikums eröffnet wurde. Damit wurde ein echter Mehrwert für Patienten geschaffen, die an Wochenenden und Feiertagen medizinische Hilfe brauchen. Bis heute wurden in der Bereitschaftspraxis mehr als 10.000 Patienten behandelt. Zugleich wurde die Notaufnahme des Klinikums von Fällen entlastet, bei denen eine ambulante Versorgung ausreicht. Die arbeitsteilige Zusammenarbeit zwischen Bereitschaftspraxis und Notaufnahme ist im Kooperationsvertrag zwischen der GESOLA Service GmbH als Praxisbetreiber und dem Klinikum Landsberg geregelt. Anfang Dezember 2011 wurde die hausärztliche Bereitschaftspraxis um den zentralen kinderärztlichen Notdienst erweitert.

medintern: Auf welche Weise wirkt GESOLA in die Öffentlichkeit hinein?

Manfred Spann: Jedes Jahr führen wir im Landratsamt mindestens vier gut besuchte Patienten-Informationsveranstaltungen mit GESOLA-Ärzten als Referenten durch. Damit für jeden in der Bevölkerung etwas dabei ist, achten wir auf eine gute Themenmischung – von der Aufklärung über Volkskrankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck bis zur Ersten Hilfe bei Kinderunfällen. Jedes Mal kommen zwischen 80 und 100 Leute, und die Lokalpresse berichtet darüber. Und die GESOLA-Ärzte haben sich als Ansprechpartner der Journalisten für Gesundheitsthemen etabliert, während früher nur Krankenhaus und Gesundheitsamt angefragt wurden. Nicht zuletzt hat die Bereitschaftspraxis die Marke GESOLA fest im Bewusstsein der Menschen in der Region verankert – die Patienten sagen: „Wir gehen zur GESOLA“.

medintern: Welchen Nutzen haben die Ärzte selbst vom Netzwerk?

Manfred Spann: Zum einen sind sie Mitglieder einer regional starken, gut mit anderen Institutionen vernetzten Gemeinschaft, die sich für ihre Belange einsetzt. Zum Beispiel in der Netzwerkgruppe AOK-Dialog, die Probleme im Alltagsbetrieb mit der örtlichen AOK-Niederlassung bespricht.

Zum anderen können die Ärzte spezielle Angebote der GESOLA Service GmbH nutzen. Dazu gehören Fortbildungskurse für Arzthelferinnen vor Ort, die sonst dafür nach Augsburg oder München fahren müssten, und eine Jobbörse, wenn sie wechseln möchten. Wir unterstützen unsere Mitglieder auch bei der Praxisnachfolge und bei Kooperationen. Dazu und zu anderen arztrechtlichen Fragen können wir auf Wunsch auch fachanwalt-liche Beratung vermitteln. Für eine Erstberatung durch unseren Kooperationspartner ECOVIS L+C Rechtsanwaltsgesellschaft können Gesola-Mitglieder einen Gutschein erhalten.

medintern: Welche besonderen Herausforderungen und Chancen sehen Sie für die Netzwerkarbeit?

Manfred Spann: Ganz besonders am Herzen liegt uns der Erhalt der Bereitschaftspraxis. Personal und Ausstattung werden durch eine Umlage der mitarbeitenden Ärzte finanziert, die direkt mit den Kassen abrechnen. Dieses finanziell selbst tragende Modell ist jetzt gefährdet, weil die Kassen in Bayern zum Jahresende 2011 den Zuschuss von fünf Euro pro abgerechneten Fall gestrichen haben. Damit bricht ein Teil der Einnahmen weg. Natürlich haben wir zusammen mit Bereitschaftspraxen in Nachbarkreisen bei den Kassen und beim bayerischen Gesundheitsminister interveniert. Es darf nicht sein, dass die Existenz gut angenommener Einrichtungen aufs Spiel gesetzt wird, die angesichts des sich abzeichnenden Ärztemangels in ländlichen Regionen wie dem Kreis Landsberg in Zukunft für die medizinische Versorgung der Bevölkerung unverzichtbar sein werden. Wir werden deshalb nicht locker lassen und hoffen, dass bei den Kassen letztlich doch die Vernunft siegt.
Ein neues Projekt, für das sich der GESOLA-Vorstand seit langem einsetzt, möchten wir im Herbst zusammen mit den Betriebsärzten endlich starten: betriebliche Gesundheitsförderung mit Informationsveranstaltungen und einem speziellen Gesundheitscheck.

medintern: Welchen Rat würden Sie Ärzten mitgeben, die ein solches Netzwerk gründen wollen?

Manfred Spann: Zunächst sollte man sich im Vorfeld über die Ziele klar und einig werden, dann Prioritäten für die Realisierung festlegen, damit man bald sichtbare Ergebnisse vorweisen kann. Für eine erfolgreiche Umsetzung ist auch eine professionelle Geschäftsführung unerlässlich; denn Administration, Organisation und Öffentlichkeitsarbeit können die Ärzte im Vorstand nicht nebenbei erledigen. Ganz wichtig sind auch regelmäßige Treffen, denn das persönliche Gespräch fördert das Wir-Gefühl und ist bei wichtigen Entscheidungen nicht durch Mails und SMS zu ersetzen. Und nicht zu vergessen: eine gute Portion Geduld mitbringen!