Agentur Deutscher Arztnetze e.V.
Innovationsmotor für Praxisnetze
Die Forderung nach mehr Kooperation im Gesundheitswesen ist mittlerweile so oft wiederholt worden, dass sie leicht überhört wird. Dabei ist der Gedanke, gemeinsam mehr für die Patientenversorgung zu erreichen, aktueller denn je. Den Nutzen vernetzter Leistungserbringung demonstrieren die zahlreichen Ärztenetze Deutschlands. Für einen Entwicklungsschub der Kooperationen sorgte die Gründung der Agentur deutscher Arztnetze im Juli 2011.
In der Interessenvertretung der Praxisnetze sind heute über 20 Ärzteverbünde aus ganz Deutschland zusammengeschlossen. Der Vorstandsvorsitzende der Netzagentur legt viel Wert darauf, dass alle Mitglieder gleichberechtigt sind: „Wir arbeiten nach einem Bottom-up-Konzept. Sonderstellungen gibt es bei uns nicht. So sind die meisten Netze organisiert und so machen wir es auch in der Netzagentur“, sagt Dr. Veit Wambach. Das Konzept geht auf. Bereits kurz nach ihrer Gründung begann ein reger Austausch mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), die bei der Erarbeitung der Förderkriterien des neuen Paragrafen 87b SGB V auf den Sachverstand der Agenturmitglieder zurückgriff. Mittlerweile hat sich auch außerhalb der Selbstverwaltung rumgesprochen, dass Ärztenetze gut für die Patientenversorgung sind.
Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung werden die Netze sogar explizit erwähnt. Vorgesehen ist, die Förderung von Praxisnetzen auszubauen und verbindlich zu machen. Dr. Wambach: „Das ist das Ergebnis von vielen Gesprächen, die wir mit den Verbänden, den Kassenärztlichen Vereinigungen und der Politik in Berlin und auf Landesebene geführt haben. Offenbar haben dabei unsere Argumente überzeugt.“
Seit dem Inkrafttreten des Förderparagrafen vor gut einem Jahr wurden vier Netze gemäß den KBV-Richtlinien zertifiziert – allesamt Mitglieder der Netzagentur. Neben dem Ärztenetz Eutin-Malente und dem Praxisnetz Herzogtum Lauenburg aus Schleswig-Holstein knallten im Frühjahr in Westfalen-Lippe die Korken. Kurz nacheinander erhielten die Gesundheitsregion Siegerland und das Ärztenetz MuM die Zertifizierungsurkunden. „Noch vor zwei, drei Jahren wäre diese Entwicklung unvorstellbar gewesen“, freut sich Wambach.
Derweil geht die Arbeit der Netzagentur weiter. Als nächstes steht der von der Bundesregierung angekündigte Innovationsfonds im Fokus des Vorstandes. „In Netzen werden Versorgungsmodelle erprobt, die später in die Regelversorgung überführt werden können.“ Diese Verbesserung der Patientenversorgung sei mit der Anerkennung der Netze durch Paragraf 87b in einem ersten Schritt bereits gewürdigt worden. „Wir schielen nicht zuerst aufs Geld, sondern richten uns nach der Intention des Gesetzgebers, nämlich echte Versorgungsinnovationen zu generieren und umzusetzen“, erklärt der Vorstandsvorsitzende. Denn viele Ärztenetze sind auf die Herausforderungen vorbereitet. Sie haben professionelle Managementstrukturen aufgebaut, um sich bei den Krankenkassen als Vertragspartner interessant zu machen.
Durch eine restriktive Genehmigungspraxis durch das Bundesversicherungsamt scheitern jedoch viele Selektivverträge. „An dieser Baustelle arbeiten wir“, versichert Wambach. Neben verlässlichen Finanzierungsmöglichkeiten für Kooperationen sollen Netze den Leistungserbringerstatus im SGB V erhalten. „Dies würde die Netze in die Lage versetzen, Medizinische Versorgungszentren zu gründen und Arztsitze aufzukaufen. Wir hätten als Netze endlich die Möglichkeit, durch Anstellung und Teilzeitarbeitsmodelle auf die Bedürfnisse der jungen Ärztegeneration einzugehen. Das wäre ein wertvoller Beitrag zur Versorgungsinnovation“, unterstreicht der Agenturvorsitzende.
Bis es soweit ist, konzentriert sich die Agentur auf die Unterstützung ihrer Mitglieder. Der Service umfasst die Weitergabe von Know-how und den Austausch über Probleme und entsprechende Lösungsmöglichkeiten. Dies geschieht in Workshops und durch regelmäßige Telefonkonferenzen aller Mitglieder. Wambach: „Die Netzagentur ist zu einer nützlichen Informationsplattform für die Mitglieder geworden. So können sich unsere Mitgliedsnetze bei Vertragsverhandlungen austauschen.“ Darüber hinaus arbeitet die Netzagentur an eigenen Vertragskonzepten zu verschiedenen Themengebieten, die den Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden sollen.
„Die neuen Möglichkeiten im Fünften Sozialgesetzbuch haben für Aufbruchsstimmung bei den Kooperationen gesorgt“, freut sich Wambach. Jetzt liege es an den Netzen, die Gelegenheiten auch zu nutzen. „Wir werden diese Chancen nicht so oft bekommen.“ Die Entwicklung der Netzagentur sieht Wambach auf einem guten Weg: „Wir haben in kurzer Zeit viel mehr erreicht, als wir uns zu Beginn vorstellen konnten. Das ist überaus erfreulich.“ Nach einer Phase intensiven Arbeitens nach außen werde es nun um den Ausbau des Services für die Mitglieder gehen. „Wenn alles gut geht, können wir den Mitgliedsnetzen schon bald Feinkonzepte für Verträge mit den Krankenkassen anbieten“, so Dr. Wambach.